Mehr Qualität für den Meeresnaturschutz – Qualitative Kriterien im Ausschreibungsverfahren nicht voruntersuchter Offshore-Windenergieflächen auf dem Prüfstand

Von Sebastian Löcker.

Sebastian Löcker

Der Gesetzgeber hat die Ausbauziele für Offshore-Windenergie im Jahr 2022 massiv angehoben. Nach § 1 Abs. 2 Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) soll die installierte Leistung von Offshore-Windenergieanlagen bis zum Jahr 2045 auf 70 Gigawatt gesteigert werden. Im Vergleich zum derzeitigen Ausbaustand sollen in 20 Jahren achtmal so viele Offshore-Windenergieanlagen in Betrieb sein. Mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie ist ein erheblicher Flächenbedarf verbunden, der sowohl marine Lebensräume als auch geschützte Arten beeinträchtigen könnte (vgl. Garthe et al., 2025; Daewel et al., 2022; Nachtsheim et al., 2021). Der Ausbau auf 70 Gigawatt bedeutet beispielsweise für die Vogelart „Trottellumme“ einen prognostizierten Lebensraumverlust von 68 % (Peschke et al., 2024).

Möglich werden soll der beschleunigte Ausbau unter anderem durch ein neues Ausschreibungsverfahren für sogenannte „nicht zentral voruntersuchte Offshore-Windenergieflächen“ (dazu unter „I. 2“.; Kirch, EnWZ 2023, 351 (352)). Die Bewertung der Gebote erfolgt im neuen Ausschreibungsverfahren nur nach der Zahlungsbereitschaft der Bieter, für den Meeresnaturschutz sind nur 5 % der Einnahmen vorgesehen (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WindSeeG). Qualitative Kriterien, wie die Berücksichtigung eines naturschutzverträglichen Ausbaus, finden im neuen Ausschreibungsverfahren keine Berücksichtigung (Kirch, RdE 2022, 457 (462 f.)). Der Beitrag beleuchtet die Ausschreibung nicht zentral voruntersuchter Offshore-Windenergieflächen und geht der Frage nach, ob qualitative – also nicht preisbezogene – Kriterien das Ausschreibungsverfahren verbessern könnten.

I. Neues Ausschreibungsdesign zur Beschleunigung des Offshore-Windenergieausbaus

Die ambitionierten Ausbauziele für die Offshore-Windenergie in Deutschland sollen durch schnellere Genehmigungsverfahren und ein neues Ausschreibungsdesign der Offshore-Windenergieflächen realisiert werden (Otter/Eh, EnWZ 2023, 122 (123)).

Die Ausschreibung der Offshore-Windenergieflächen erfolgt nicht mehr nur für „zentral voruntersuchte Flächen“, sondern seit 2023 auch für „nicht zentral voruntersuchte Flächen“ (BeckOK KlimR/Schumacher/Salomon, § 2 WindSeeG, Rn. 9). Ab 2027 wird das Ausschreibungsvolumen jeweils zur Hälfte auf zentral voruntersuchte und nicht zentral voruntersuchte Flächen verteilt (§ 2a Abs. 2 WindSeeG).

1. Ausschreibung bis 2022 nur für „zentral voruntersuchte Flächen“

Bis 2022 war im WindSeeG nur die Ausschreibung von „zentral voruntersuchten Flächen“ nach § 3 Nr. 12 WindSeeG vorgesehen. Dabei werden die Offshore-Windenergieflächen vor der Ausschreibung durch das nach § 11 S. 2 Nr. 1 WindSeeG zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie detailliert voruntersucht. Die zentrale Voruntersuchung der Flächen soll die Eignung der Fläche feststellen und den Bietern Informationen zur Verfügung stellen, die eine wettbewerbliche Bestimmung des Gebots ermöglichen (§ 9 Abs. 1 WindSeeG; vgl. Theobald/Kühling/Schatz/Bartmann, § 9 WindSeeG, Rn. 1).

Im Anschluss an die zentrale Voruntersuchung werden die Offshore-Windenergieflächen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 WindSeeG durch die Bundesnetzagentur ausgeschrieben (Friton/von Rummel, EnWZ 2024, 217 (217)). Den Bietern werden die Informationen aus der zentralen Voruntersuchung bei der Ausschreibung bekanntgegeben (Theobald/Kühling/Schatz/Bartmann, § 9 WindSeeG, Rn. 1). Die Informationen umfassen die in § 10 Abs. 1 WindSeeG festgelegten Kriterien wie z.B. Untersuchungen zu Meeresumwelt, Baugrund und Windverhältnissen.

Bieter können für die ausgeschriebenen Flächen Gebote abgeben. Die Gebote für zentral voruntersuchte Flächen enthalten einen Gebotswert und eine Projektbeschreibung (§ 51 Abs. 1 WindSeeG). Der Gebotswert ist der Preis, den Bieter bereit sind, für den Zuschlag einer Offshore-Windenergiefläche zu bezahlen (Kirch, RdE 2022, 457 (459)). Der Inhalt der Projektbeschreibung ist in § 51 Abs. 3 WindSeeG festgelegt und umfasst beispielsweise den vorgesehenen Einsatz erneuerbarer Energien beim Herstellungsprozess der Offshore-Windenergieanlagen.

Anhand des Gebotswertes und der Projektbeschreibung bewertet die Bundesnetzagentur die Gebote bei zentral voruntersuchten Flächen im Rahmen eines sogenannten „Beauty-Contests“ nach § 53 WindSeeG. Die Bewertung erfolgt durch ein Punktesystem, das Gebot mit den meisten Punkten erhält den Zuschlag (Friton/von Rummel, EnWZ 2024, 217 (217 f.)). 60 der möglichen 100 Punkte werden für den Gebotswert vergeben. Die übrigen 40 von 100 Punkten werden bei der Bewertung der Gebote nach qualitativen – also nicht preisbezogenen – Kriterien vergeben.

Qualitative Kriterien sind beispielsweise der Einsatz erneuerbarer Energien beim Herstellungsprozess der Offshore-Windenergieanlagen sowie möglichst umweltschonende Gründungstechnologien (§ 53 Abs. 3, 5 WindSeeG). Das Gebot mit dem höchsten Einsatz erneuerbarer Energien sowie dem höchsten Anteil innovativer, umweltschonender Gründungstechnologien erhält in den Kategorien jeweils die meisten Punkte im Bewertungssystem (ausführlich zu qualitativen Kriterien: Kirch, EnWZ 2023, 351; Friton, von Rummel, EnWZ 2024, 217).

Die Berücksichtigung qualitativer Kriterien bei der Bewertung der Gebote soll den Ausbau der Offshore-Windenergie möglichst nachhaltig und innovativ gestalten (BT-Drs. 20/1634, S. 93; Kirch, EnWZ 2023, 351 (356)).

2. Ausschreibung nicht zentral voruntersuchter Flächen ohne qualitative Kriterien

Anders sieht die Ausschreibung „nicht zentral voruntersuchter Flächen“ aus. Nicht zentral voruntersuchte Flächen werden von der Bundesnetzagentur nach § 16 WindSeeG ausgeschrieben. Nach § 16 WindSeeG muss die Ausschreibung formale Angaben zur Fläche enthalten, eine zentrale Voruntersuchung beispielsweise zur Meeresumwelt findet nicht statt. Der Gewinner der Ausschreibung übernimmt die Untersuchungen für ein anschließendes Planfeststellungsverfahren nach §§ 66 ff. WindSeeG selbst.

Die Ausschreibung nicht zentral voruntersuchter Flächen ist seit 2023 im WindSeeG geregelt. Nach dem Regierungsentwurf zum WindSeeG 2023 sollte die Bewertung der Gebote für nicht zentral voruntersuchter Flächen „über qualitative Kriterien ohne Förderung für die Erzeugung von Strom“ erfolgen (BT-Drs. 20/1634, S. 70). Qualitative Kriterien sollten u.a. die Schallbelastung der eingesetzten Gründungstechnologie, die Versiegelung des Meeresbodens sowie die Recyclingfähigkeit der Rotorblätter sein (BT-Drs. 20/1634, S. 93). Im Referentenentwurf zum WindSeeG 2023 wurde ausdrücklich eine „möglichst gute Vereinbarkeit mit Belangen des Natur- und Artenschutzes“ als ein Kriterium für die Bewertung der Gebote genannt (Theobald/Kühling/Niehaus/Korte, Vor § 14 WindSeeG, Rn. 35).

Von den genannten qualitativen Kriterien im Ausschreibungs- und Zuschlagsverfahren nicht zentral voruntersuchter Flächen ist im verabschiedeten Gesetz nichts zu finden (Theobald/Kühling/Niehaus/Korte, Vor § 14 WindSeeG, Rn. 37). Das Zuschlagsverfahren der Gebote erfolgt zweistufig. In der ersten Runde geben die Bieter den Förderbedarf in Cent pro Kilowattstunde an. Geben mehrere Bieter an, dass sie keinen Förderbedarf haben (sogenannte „Null-Cent-Gebote“), gewinnt der Bieter, der die höchste Summe im Rahmen eines „dynamischen Gebotsverfahrens“ für die ausgeschriebene Fläche bezahlt (vgl. Böhme/Bukowski, EnWZ 2019, 243). Die Bewertung der abgegebenen Gebote erfolgt nur nach dem geringsten Förderbedarf beziehungsweise der höchsten Zahlungsbereitschaft.

3. Einnahmen in Milliardenhöhe durch Ausschreibungen nicht zentral voruntersuchter Flächen

Durch dieses neue Ausschreibungsdesign entstehen erhebliche Einnahmen für den Bundeshaushalt und die Übertragungsnetzbetreiber. In den Jahren 2023 und 2024 wurden sechs nicht zentral voruntersuchte Flächen mit einer Gesamtleistung von 9,5 Gigawatt ausgeschrieben. Auf allen Flächen gingen mehrere „Null-Cent-Gebote“ ein, sodass Bieterwettbewerbe („dynamische Gebotsverfahren“) entstanden, die zu Einnahmen i.H.v. 12,6 Milliarden Euro im Jahr 2023 und i.H.v. 3,02 Milliarden Euro im Jahr 2024 führten.

Die Einnahmen aus dem dynamischen Gebotsverfahren werden zweckgebunden eingesetzt (§ 23 Abs. 1 i.V.m. § 57 WindSeeG). 90 % werden als „Stromkostensenkungspauschale“ an die anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber gezahlt. Die übrigen 10 % gehen jeweils zu 5 % als „Meeresnaturschutzkomponente“ und als „Fischereikomponente“ an den Bundeshaushalt. Eigentlich. Denn der Gesetzgeber beschloss durch das „Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024“ eine rückwirkende Änderung der Zweckbindung der Einnahmen aus dem Ausschreibungsjahr 2023. Statt der vorgesehenen Zweckbindung der Einnahmen zu 10 % als „Meeresnaturschutz- und Fischereikomponente“, änderte der Gesetzgeber die Zweckbindung rückwirkend, sodass 5,875 % der Einnahmen aus dem Jahr 2023 als „Transformationskomponente“ an den Bundeshaushalt fließen (§ 23 Abs. 1a WindSeeG). Das entspricht einem Betrag von 740 Millionen Euro. Für Meeresnaturschutz- und Fischereikomponente sind von den Einnahmen aus dem Jahr 2023 statt 10 % nur noch 4,125 % vorgesehen. Die Einführung der „Transformationskomponente“ wird damit begründet, dass die Einnahmen aus den Offshore-Ausschreibungen breiter verwendet werden sollen (BT-Drs. 20/9999, S. 14). Wofür die „Transformationskomponente“ eingesetzt werden soll, wird nicht definiert.

II. Qualitative Kriterien im Ausschreibungsverfahren: unverzichtbar oder unzumutbar?

Die Ausschreibungen nicht zentral voruntersuchter Offshore-Windenergieflächen werden derzeit nur nach preisbezogenen Kriterien entschieden. Doch würden qualitative Kriterien das Ausschreibungsverfahren nicht zentral voruntersuchter Flächen verbessern?

Im Einklang mit der aktuellen Gesetzesfassung spricht gegen die Einführung qualitativer Kriterien im Ausschreibungsverfahren nicht zentral voruntersuchter Flächen die angestrebte Verfahrensbeschleunigung für Offshore-Windenergievorhaben (Vgl. Lutz-Bachmann/Zywitz, EnWZ 2023, 445; Kirch, RdE 2022, 457). Qualitative Kriterien stellen bürokratische Hürden dar, die sowohl die Gebotsabgabe als auch das Zuschlagsverfahren komplexer machen. Zudem wird durch die Berücksichtigung qualitativer Kriterien der preisbezogene Gebotswert niedriger gewichtet. Dadurch könnten die Zahlungsbereitschaft der Bieter und damit auch die Einnahmen für Netzanbindung, Meeresnaturschutz und nachhaltige Fischerei sinken. Zudem müssten qualitative Kriterien diskriminierungsfrei und objektiv zu bewerten sein (kritisch: Friton/von Rummel, EnWZ 2024, 217 (219)). Auch könnte es den Bietern ohne das Wissen aus einer zentralen Voruntersuchung schwerfallen, konkrete Vorschläge beispielsweise für den Artenschutz an dem Standort zu treffen. Die Einführung qualitativer Kriterien birgt zudem die Gefahr, dass Bieter keine Gebote abgeben, wenn die Gebotsabgabe zu kompliziert und aufwendig wird (vgl. Ausschreibung in Dänemark Ende 2024 ohne Gebote). Ferner werden ökologische Belange bereits im Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren berücksichtigt (§ 72 WindSeeG).

Für die Einführung qualitativer Kriterien spricht, dass ein möglichst naturverträglicher Ausbau der Offshore-Windenergie bereits im Ausschreibungs- und Zuschlagsverfahren der Windenergieflächen berücksichtigt werden könnte. Warum soll der Natureingriff erst im Nachhinein durch eine „Meeresnaturschutzkomponente“ ausgeglichen werden, wenn die Bieter zu einem naturverträglicheren Bau der Windparks animiert werden könnten? Zudem gibt es bei den Umweltauswirkungen der Offshore-Windenergie noch Wissenslücken (vgl. Daewel et al., 2022). Die Umweltprüfungen im Zulassungsverfahren beziehen sich nur auf ein Konzept eines schon bezuschlagten Bieters. Durch die Berücksichtigung qualitativer Kriterien könnten sämtliche Gebote insbesondere mit Blick auf innovative, naturverträglichere Lösungen verglichen und bewertet werden. Dies könnte dazu führen, dass die Bieter innovative, umweltschonendere Lösungen entwickeln, um den Zuschlag für eine ausgeschriebene Fläche zu bekommen.

Wenn die Zahlungsbereitschaft nicht mehr das einzige Bewertungskriterium ist, könnte mehr Raum für kleinere Bieter entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 WindSeeG). Bei den Ausschreibungen nicht zentral voruntersuchter Flächen im Jahr 2024 haben neun bzw. sieben Bieter angegeben, dass sie die Offshore-Windparks ohne Förderung errichten und betreiben können. Letztlich gewannen bei allen Ausschreibungen in den Jahren 2023 und 2024 Unternehmen, hinter denen die Konzerne „TotalEnergies“, „ENBW“ und „BP“ stehen. Der Umsatz der drei Konzerne basiert maßgeblich auf fossilen Energieträgern. Aktuell scheint es für kleinere Unternehmen nicht möglich, einen Zuschlag für eine nicht zentral voruntersuchte Fläche zu bekommen. Durch eine größere Anzahl an Akteuren wäre das Risiko eines Unternehmensausfalls beispielsweise durch Insolvenz für das Ziel des Offshore-Windenergieausbaus weniger einschneidend. Dies gilt insbesondere, da die hohen „Eintrittsgelder“ das Risiko bergen, dass sich Unternehmen finanziell überlasten.

Ein Blick ins Nachbarland Niederlande zeigt, dass die Einführung qualitativer Kriterien im Ausschreibungsverfahren für den Windpark „Hollandse Kust VI“ zu einem naturverträglicheren Ausbau führte (Vgl. Böhme/Bukowski, EnWZ 2019, 243 (245 f.)). Ein qualitatives Kriterium bei der Bewertung der Gebote war der „Beitrag des Windparks zur Nordseeökologie“. Dieses Kriterium machte bei der Bewertung der Gebote die Hälfte der möglichen Punkte aus. Ein Expertenausschuss hat für das Kriterium des „Beitrags des Windparks zur Nordseeökologie“ ein Bewertungssystem entworfen. Durchgesetzt hat sich ein Gebot, bei dem beispielsweise die Windturbinen für den Vogelzug weiter auseinander stehen und im Fundament Löcher für die Ansiedelung von Meereslebewesen enthalten sind. Die gesammelten Ergebnisse werden in einer Studie veröffentlicht, um die Naturverträglichkeit der Offshore-Windenergieanlagen zu verbessern.

Die Ausführungen zeigen, dass Gründe für und gegen die Einführung qualitativer Kriterien bei Ausschreibungen nicht zentral voruntersuchter Flächen sprechen. Sinnvoll wäre es, die Erfahrungen aus den Ausschreibungen mit und ohne qualitative Kriterien im nationalen und europäischen Umfeld mit ähnlichen Standortbedingungen auszuwerten (vgl. Kirch, EnWZ 2023, 351 (358)). Sollte sich der Einsatz qualitativer Kriterien bei Ausschreibungen nicht zentral voruntersuchter Flächen als sinnvoll erweisen, wäre keine Gesetzesänderung erforderlich. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Einführung nicht zentral voruntersuchter Flächen in § 96 Nr. 2 WindSeeG eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geschaffen, durch die qualitative Kriterien eingeführt werden können.

III. Ausblick: Die EU regelt die Einführung qualitativer Kriterien

Die EU-Kommission sieht den Ausbau erneuerbarer Energien durch steigende Finanzierungskosten, unsichere Lieferketten und ein hohes Zinsniveau gefährdet (Lüdecke/Hinrichsen, IR 2024, 259). Um die Realisierungsrate der Windenergieprojekte innerhalb der EU zu steigern, hat die EU-Kommission am 24.10.2023 einen Windkraft-Aktionsplan beschlossen. Teil dieses Aktionsplans ist die Einführung qualitativer Kriterien im Auktionsdesign für (Offshore-)Windkraftanlagen (Windkraft-Auktionsplan, S. 13 f.). Basierend auf dem Windkraft-Auktionsplan hat die EU die Netto-Null-Industrie-Verordnung (VO 2024/1735) erlassen (Lüdecke/Hinrichsen, IR 2024, 259 (259 f.)). Nach Art. 26 Abs. 2 Uabs. 4 VO 2024/1735 müssen die Auktionen für erneuerbare Energien qualitative Kriterien u.a. zur ökologischen Nachhaltigkeit enthalten (Lüdecke/Hinrichsen, IR 2024, 259 (260)).

Doch keine Regel ohne Ausnahme: Die Einführung qualitativer Kriterien nach Art. 26 Abs. 2 VO 2024/1735 gilt nicht, wenn dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten entstünden (Lüdecke/Hinrichsen, IR 2024, 259 (260)). Zudem gilt die Pflicht zur Einführung qualitativer Kriterien nur für mindestens 30 % des jährlichen Auktionsvolumens pro Mitgliedstaat oder alternativ für mindestens sechs Gigawatt pro Jahr und Mitgliedstaat (Art. 26 Abs. 7 VO 2024/1735). Wie oben geschildert, werden im Offshore-Windenergiebereich bereits 50 % der Flächen zentral voruntersucht mit qualitativen Kriterien ausgeschrieben. Daher wäre die Vorgabe bezogen auf den Offshore-Windenergiebereich bereits erfüllt, ohne dass qualitative Kriterien für die Ausschreibung nicht zentral voruntersuchter Flächen eingeführt werden müssten.

Der Blick geht nun zur EU: Die Europäische Kommission hätte nach Art. 26 Abs. 3 VO 2024/1735 bis zum 30.03.2025 einen Durchführungsrechtsakt erlassen müssen, durch den die qualitativen Kriterien nach Art. 26 Abs. 2 VO 2024/1735 präzisiert werden. Am 11.04.2025 tagte der zuständige Ausschuss und stimmte über einen Entwurf des Durchführungsrechtsaktes ab (vgl. Art. 5 VO 182/2011). Die Entscheidung über den Durchführungsrechtsakt ist bislang nicht veröffentlicht. Der Durchführungsrechtsakt wird zeigen, welche qualitativen Kriterien die Europäische Kommission für geeignet hält. Spannend bleibt, auf welche Auktionsverfahren Deutschland diese qualitativen Kriterien anwenden wird.

Sebastian Löcker ist Doktorand im BMBF-geförderten Kompetenznetzwerk Umweltrecht (KomUR) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. Durner LL.M. an der Universität Bonn. Seine Forschungsarbeit befasst sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Offshore-Windenergie und Meeresnaturschutz.

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